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Housing First

Eines der wichtigsten Grundprinzipien von Housing First ist das Zurverfügungstellen von Wohnraum für obdachlose beziehungsweise wohnungslose Menschen ohne Bedingung und als grundlegendes Menschenrecht. Dieses Recht ist unter anderem in der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte in Artikel 25 sowie in der Bundesverfassung in Artikel 41 Absatz 1e verankert. Die von Obdachlosigkeit oder Wohnungslosigkeit betroffenen Menschen müssen nicht zuerst den Beweis erbringen, dass sie über entsprechende Wohnkompetenzen verfügen. Die Sicherstellung einer geeigneten Wohnsituation steht an erster Stelle und erst in einem zweiten Schritt erfolgen allfällige Betreuungs- und Begleitungsangebote zur sozialen und beruflichen (Re-)Integration für Betroffene, die freiwillig in Anspruch genommen werden können.

Die Zielgruppe von Housing-First-Angeboten sind Menschen, die ein hohes Ausmass an Hilfestellungen benötigen, um ihre Wohnungs- oder Obdachlosigkeit zu überwinden, weil sie beispielsweise eine schwerwiegende psychische Erkrankung, eine schlechte körperliche Gesundheit, einen problematischen Substanzkonsum, eine Suchterkrankung oder eine Kumulierung verschiedener Belastungsfaktoren haben. Zudem kann Housing First auch Menschen unterstützen, die immer wieder von Wohnungslosigkeit betroffen sind, weil das familiäre respektive das soziale Netzwerk fehlt. Die eigene Wohnung soll Stabilität vermitteln, um in der Folge weitere bio-psycho-soziale Probleme bearbeiten zu können, jeweils individuell abgestimmt und im eigenen Tempo. Dadurch wird gewährleistet, dass Betroffene möglichst selbstständig über die Inanspruchnahme von Unterstützungsleistungen bestimmen können.

In der Suchtarbeit können Housing-First-Angebote insbesondere der Schadensminderung zugeordnet werden, denn sie orientieren sich am Grundrecht der menschlichen Würde und streben den Erhalt der Lebensqualität der Betroffenen an, sodass sie trotz eines risikoreichen Konsums oder einer akuten Suchtproblematik ein möglichst selbstbestimmtes und beschwerdefreies Leben führen können.

Abschliessend werden die acht Grundprinzipien, die Housing-First-Angebote auszeichnen, nochmals zusammenfassend aufgelistet. Die Grundprinzipien basieren auf dem in den 1990er-Jahren in New York entwickelten Konzept von Housing First von Dr. Sam Tsemberis:

  • Wohnen ist ein Menschenrecht
  • Wahlfreiheit und Entscheidungsmöglichkeit
  • Trennung von Wohnen und Betreuung
  • Recovery-Orientierung
  • Schadensminderung
  • Aktive Beteiligung ohne Druck und Zwang
  • Personenzentrierte Hilfeplanung
  • Flexible Hilfen so lange wie nötig

Quellen:

Pleace, N. (2016): Housing First Guide, Europe. Wien: Neunerhaus. https://bawo.at/fileadmin/user_upload/public/Dokumente/News/News_inter_national/2017_Housing_Fist_Guide_deutsch.pdf, Zugriff 03.05.2024

Fabian, C./Müller, E./Zingarelli, J./Daurù A. (Hrsg.) (2020): Housing First. Ein (fast) neues Konzept gegen Obdachlosigkeit. Verein für Gassenarbeit Schwarzer Peter; Schweizerische Gesellschaft für Sozialpsychiatrie, Sektion Deutschschweiz & Stiftung Pro Mente Sana. Basel & Zürich. https://www.schwarzerpeter.ch/wp-content/uploads/2020/07/Housing-First_2020.pdf, Zugriff 03.05.2024

Tsemberis, S.J. (2010): Housing First: The Pathways Model to End Homelessness for People with Mental Illness and Addiction. Minneapolis: Hazelden.

Generalversammlung der Vereinten Nationen (1948): Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, Artikel 25 – Recht auf einen angemessenen Lebensstandard. A/RES/217, UN-Doc. 217/A-(III). https://www.humanrights.ch/de/ipf/grundlagen/rechtsquellen-instrumente/aemr/artikel-25-aemr-recht-angemessenen-lebensstandard, Zugriff 03.05.2024

Schweizerische Eidgenossenschaft (1999): Bundesverfassung vom 18. April 1999, Artikel 41, Absatz 1e. https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1999/404/de#art_41, Zugriff 03.05.2024

 

Zitiervorschlag

Infodrog (JJJJ). Housing First. Präventionslexikon: https://www.infodrog.ch/de/wissen/praeventionslexikon/housing-first.html, Zugriff 19.05.2024.

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